,

Japanisch: Valenzlexikon benutzen

Bei einer Online-Klausur kann man entweder versuchen, alles zu kontrollieren. Das geht mit drastischen Eingriffen in die Privatsphäre einher, schafft ein Klima des Misstrauens und die Kontrolle ist wahrscheinlich dennoch hintergehbar. Oder aber Hilfsmittel werden zugelassen – denn der Umgang damit ist auch eine Kompetenz!
In dieser Japanisch-Prüfung (3. Semester) ging es unter anderem darum, ein Valenz-Wörterbuch zu verwenden.

Eintrag zum Verb ‚yasumu‘ in einem Valenzlexikon

Im Japanischstudium im Rahmen der Japanologie geht es darum, innerhalb von 6 Semestern von den allerersten Basics bis zum Lesen von Fachtexten zu gelangen. Im dritten und vierten Semester wird das Analysieren von Satzstrukturen gelernt, das dem Verstehen komplexer Sätze dient.

Anfang des Jahres stellte sich heraus, dass eine Klausur im Hörsaal pandemiebedingt nicht möglich sein würde. Da mir der Gedanke an eine Online-Überwachung einer Klausur Bauchschmerzen machte, habe ich mich zu einer Open-Book-Klausur entschlossen. Die Studierenden hatten 48 Stunden Zeit zur Bearbeitung. Den Beginn konnten sie innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen wählen.

Geprüft wurde früher in einer Klausur morphologisches und syntaktisches Wissen, in einer anderen Textverstehen – hauptsächlich durch Übersetzung nachgewiesen. Übersetzung als Leistungsmessung hat aber wenig Aussagekraft, wenn Google Translator und DeepL in Reichweite sind.

Im Unterricht wurde an Texten gearbeitet, wobei Satzbäume und Valenzwörterbuch benutzt wurden, um herauszufinden, welches Verb welche Komplemente hat. Auch das war früher schon Teil der Klausur. Jetzt wurden Aufgaben dieser Art in den Fokus gestellt.

Das Open-Book-Format hatte für mich unter anderem den Vorteil, dass ich nun auch Texte mit unbekannten Vokabeln verwenden konnte, denn die Studierenden hatten genügend Zeit zum Nachschlagen.

Valenzeitrag und Aufgabe zum Verb ‚yasumu‘.

Die Klausur fiel extrem gut aus, mit über 70% „sehr gut“. Vielleicht hat es einfach genützt, mit Blick auf die Klausuraufgaben noch einmal alle Unterlagen zu studieren, um den richtigen Ansatz zu finden. Dann hätten sie viel dabei gelernt.

Das Feedback der Studierenden war sehr positiv. Viele waren erleichtert, dem üblichen psychischen Druck (Zeitdruck, Angst vor Blackouts) entgangen zu sein. Und mehrere erwähnten auch, dass sie sich während der Klausur noch mal intensiv mit dem Gelernten befasst und so dazugelernt hätten.

Übrigens: Mein japanischer Kollege, der als bei uns als erster das Experiment Open Book gewagt hat, ist ein begeisterter Lateiner und spricht konsequenterweise nicht mehr von „Klausur“ sondern „Apertur“.

Bei der Open-Book-Klausur hatte ich wirklich das Gefühl, während der Klausur nochmal einiges besser verstehen zu können. Gemeinsam mit den Unterlagen ist das Gelernte besser hängen geblieben.

(anonym, 3. Semester Japanisch)
,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.