Bericht über die Planung und Durchführung einer 90-minütige Klassenarbeit in Mathematik mit Gruppen- und Einzelarbeitsphase in Jahrgangsstufe 9 am Gymnasium
Die Klassenarbeit – der erste Teil (Gruppenarbeit)
Im ersten Teil arbeiteten die Schüler:innen in Gruppen an den Wurzelgesetzen und erstellten Erklärkarten1 – sozusagen individuelle, vorgabengeleitete Karteikarten.
Die Anzahl der zu erstellenden Erklärkarten differenzierte je nach Gruppengröße und kognitiver sowie sprachlicher Kompetenz der Schüler*innen zwischen zwei und drei.
Link auf eine Blanko-Erklärkarte: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/o5JCPqkwD2wZbPP
Diese Differenzierung wurde im Vorfeld mit den Schüler*innen diskutiert und abgestimmt. Dadurch konnten auch Schüler*innen an der Klassenarbeit teilnehmen, die bis dato nur wenig deutsche Sprachkenntnisse aufwiesen.
Die Gruppen enthielten für die Gruppenarbeit passend aufbereitetes Informationsmaterial.
Das gesamte Informationsmaterial für die Schüler*innen:
- M1: Allgemeines Informationsblatt zu den Fachbegriffen: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/dZR2Cb8HNsowpJG
- M2: Wurzelgesetz zur Multiplikation: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/jgpZngP5sGdXGEf
- M3: Wurzelgesetz zur Division: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/mcNdYkz8oKa3Nzi
- M4: Wurzelgesetz zum Potenzieren: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/knpLxcKE9WTHPGy
Der konkrete Arbeitsauftrag für den ersten Teil lautete wie folgt:
Während der Erstellung der Erklärkarten durften sich die Schüler:innen individuelle Notizen (‚Spickzettel‘) für den zweiten Teil der Arbeit anfertigen. Eine Vorlage für den Spickzettel wurde den Schüler*innen mit den Materialien ausgegeben.
Die Klassenarbeit – der zweite Teil (Einzelarbeit)
Der zweite, individuelle Teil der Klassenarbeit war ein ‚klassischer Test‘ mit Rechenaufgaben und Verständnisfragen. Ziel der Arbeit war nicht das kurzfristige Erlernen der Wurzelgesetze, sondern das gemeinsame Erarbeiten, Anwenden und Erklären der Wurzelgesetze und der Zusammenhängen zwischen Wurzelgesetzen und den (vorab im Unterricht behandelten) Potenzgesetzen.
Der gesamte individuelle Teil: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/o5JCPqkwD2wZbPP
Für die Gruppenarbeit standen maximal 60 Minuten zur Verfügung, während für den individuellen Test 25 Minuten vorgesehen waren. Die Klassenarbeit fand in zwei Räumen statt: ein Gruppenarbeitsraum und ein klassischer Klausurraum. Die Gruppen konnten flexibel innerhalb des Zeitfensters ihre Erklärkarten abgeben. Nach der Abgabe mussten sie in den beaufsichtigten Klausurraum wechseln, um den Test zu bearbeiten.
Vor dem Test füllten die Schüler*innen einen Bewertungsbogen über die Zusammenarbeit in ihren jeweiligen Gruppen aus, basierend auf einem festgelegten Punktesystem. Diese Einschätzungen ergänzten die abschließende Bewertung durch die Lehrkraft.
Die Bewertung
Die Gesamtnote setzte sich aus drei Komponenten zusammen: den durch die Lehrkraft bewerteten Erklärkarten, dem individuellen Test und der Bewertung der Zusammenarbeit in der Gruppe – basierend auf Einschätzungen der Gruppenmitglieder und der Lehrkraft.
Die Schüler erhielten also für die Gruppenleistung der Erklärkarten eine identische Punktzahl mit ihren Gruppenmitgliedern, ergänzt durch zwei individuelle Punktzahlen. Dadurch wurde nicht nur das Wissen, sondern auch Teamfähigkeit und Selbstorganisation in der Gruppe bewertet.
Der gesamte Bewertungsbogen inkl. Erwartungshorizont für den ersten und zweiten Teil der Klassenarbeit
- für zwei Erklärkarten: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/GmxsrCF4MLyoKLY
- für drei Erklärkarten: https://degeling.ocloud.de/index.php/s/CiLcn2fNme2RFcq
Das Bild zeigt das von der Lehrkraft zur Organisation der Klassenarbeit verwendete Übersichtsblatt.
Die Schüler*innen erhielten für die Gruppenarbeit im 1. Prüfungsteil vorbereitete Briefumschläge mit dem Arbeitsauftrag und den benötigten Materialien. Den Bewertungsbogen zur Mitarbeit in der Gruppe, den individuellen Test in Form des Aufgabenblattes und die karierte Blätter (‚Klausurbögen‘) nahmen sich die Schüler*innen selbstständig vom Stapel im Einzelarbeitsraum.
Das vorhergehende Unterrichtsvorhaben
Das Klassenarbeitsformat wurde im Unterricht wie folgt vorbereitet:
Die Schüler*innen wurden zu Beginn der Reihe in feste, heterogene Gruppen eingeteilt, mit Gruppengrößen zwischen drei und fünf Mitgliedern. Bereits die Potenzgesetze mussten die Schüler*innen in ihren Gruppen anhand des Schulbuchs (Lambacher Schweizer) auf Erklärkarten notieren. Früh fertiggestellte Karten wurden beispielhaft besprochen, anhand gemeinsam entwickelter Bewertungskriterien überprüft und überarbeitet. Auch die Gruppenarbeit wurde während des Prozesses anhand eines Rasters bewertet und gemeinsam sowie gruppenintern reflektiert. Beide Bewertungsraster (für die Erklärkarten und die Gruppenarbeit) wurden dann zusammen mit den Schüler*innen leicht modifiziert und anschließend für die Bewertung der Klassenarbeit verwendet. So herrschte sowohl inhaltlich als auch formell größtmögliche Transparenz.
Die Evaluation seitens der Schüler:innen
Die Schüler*innen bewerteten die Klassenarbeit insgesamt sehr positiv, wie die unmittelbar nach der Klassenarbeit aufgenommenen O-Töne zeigen:
https://degeling.ocloud.de/index.php/s/nGmnm6xNyjWdw7b
https://degeling.ocloud.de/index.php/s/CWNpsTWfTmfasDe
Die schriftlichen Evaluationsergebnisse2 zeichnen ebenfalls ein positives Bild. Der hier besonders betonte Aspekt der gemeinsamen Arbeit und des gegenseitigen Erklärens während der Gruppenarbeitsphase wird auch hier von 14 Schüler*innen positiv hervorgehoben. Eine Schülerin schrieb sogar, dass es möglich sei, gut zusammenzuarbeiten, auch wenn man in der Klasse sonst wenig miteinander zu tun hat. Kritik hieran äußern zwei Schüler*innen, die die gegenseitige Abhängigkeit negativ bewerteten.
Weitere Kritik gab es hinsichtlich der Bewertung der Erklärkarten. Die Bewertungsraster und Kriterien könnten – auch aus Perspektive der Lehrkraft – noch verbessert werden. Bereits bei der Korrektur fiel es mir als Lehrkraft schwer, positive und weniger gelungene Aspekte klar herauszustellen.
Besonders schön war für mich als Lehrkraft sowohl die im O-Ton als auch im offenen Teil der schriftlichen Evaluationen gemachten Aussagen der Schüler*innen, dass ihnen die Arbeit Spaß gemacht habe – ein äußerst seltener Kommentar nach einer Mathematik-Klassenarbeit in meiner bisherigen Laufbahn!
Der Notendurchschnitt der Klassenarbeit lag deutlich über dem Durchschnitt klassischer Formate.
Persönliches Fazit der Lehrkraft
Die Zusammenarbeit der Schüler*innen während der Gruppenarbeit war beeindruckend.
Es wurde 60 Minuten in den Gruppen fast ausschließlich über Mathematik diskutiert. Interessant war auch, dass die Arbeitsteilung in den Gruppen durch die Schüler*innen teilweise vorab festgelegt worden war. So gab es in einer Gruppe eine Schülerin die für die Erstellung der Spickzettel der gesamten Gruppe zuständig war, während andere in der Zeit die Erklärkarte sauber aufgeschrieben haben. Teilweise haben sich die Schüler*innen auch in den Gruppen gemeinsam auf die Klassenarbeit vorbereitet, was ich als Lehrkraft nicht erwartet hatte und was in der Klassenarbeitsvorbereitung bis dahin nicht üblich war. Damit lässt sich konstatieren, dass die Vorbereitung und Durchführung dieses Klassenarbeitsformats die Zusammenarbeit in der Gruppe für alle Schüler*innen der Klasse deutlich verbessert hat.
Durch den Austausch untereinander und die Diskussion in der Gruppe hatten zudem alle Schüler*innen für den Moment das Gefühl, die Wurzelgesetze tatsächlich verstanden und anwenden zu können, wie ihre Äußerungen zeigen. Die Auswertung des individuellen Teils der Klassenarbeit kann dies bestätigen.
Den Bogen zu den Potenzgesetzen haben hingegen nicht alle Schüler*innen umfassend bewältigt. Das war insofern auch nicht zu erwarten, als dieser Teil der Klassenarbeit dem Anforderungsniveau III zuzurechnen ist.
Die von den Schüler*innen befürchteten Sorgen über die ungleiche Beteiligung in der Gruppe konnten während der Klassenarbeit durch die Lehrkraft zu keinem Zeitpunkt beobachtet werden. Auch die Bewertungsbögen der Schüler*innen zur Zusammenarbeit in der Gruppe zeigen dies nicht. So finden sich dort nur minimale Abzüge bei der gegenseitigen Bewertung.
Die geplanten Zeitfenster haben sich als passend herausgestellt. Die Gruppen haben in einem Abstand von wenigen Minuten ihre Ergebnisse abgegeben. Die eingesetzte zweite Lehrkraft, die den individuellen Arbeitsraum für den Übergang beaufsichtigt hat, musste insgesamt nur 15 Minuten Aufsicht führen. Danach konnte die durchführende Lehrkraft aus dem Gruppenarbeitsraum die Aufsicht übernehmen. Insgesamt ließ sich die Klassenarbeit relativ leicht in einer Doppelstunde in den Schulalltag integrieren. Lediglich ein zweiter Raum musste für eine Unterrichtsstunde und eine zweite (sogar fachfremde) Lehrkraft für wenige Minuten organisiert werden.
Die Vorbereitung insgesamt einschließlich der Planung der Vorgehensweise, der Herstellung des Materials und der Entwicklung der Bewertungsraster, hat etwas mehr Zeit in Anspruch genommen als für die Erstellung einer klassischen Arbeit. Mit den Vorüberlegungen als Basis lässt sich dieses Format nun jedoch deutlich weniger zeitintensiv auch auf andere Klassenarbeitsthemen und Jahrgangsstufen übertragen.
Insgesamt hat die Umsetzung der Klassenarbeit sowohl den Schüler*innen als auch mir als Lehrkraft Spaß gemacht. Die Überlegungen zur Übertragung des Konzepts laufen bereits 😉
Kommentare, Verbesserungsvorschläge und Ideen zur Übertragung werden gerne angenommen.
1 Die Idee hierzu kommt aus der Matheweltbeilage der Zeitschrift Mathematik lehren vom Friedrich Verlag, Heft 172/2012
2 Die Evaluation wurde schriftlich und anonym nach der Rückgabe der Klassenarbeit durchgeführt.
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