Arbeiten mit E-Portfolios: Ein Erfahrungsbericht aus der Klasse 12

In meinem Oberstufenkurs (Q1), der überwiegend aus sogenannten „Abdeckern“ besteht, standen wir vor einer besonderen Herausforderung: Der Kurs findet in der 8. und 9. Stunde statt – Zeiten, in denen die Motivation der meisten SuS stark abnimmt. Nach der Klausur habe ich deshalb ein „neues“ Konzept eingeführt, das eigenverantwortliches Arbeiten und die Nutzung digitaler Tools kombiniert: E-Portfolios in Form von EduMaps (vergleichbar mit Padlet).

Freiarbeit statt regulärem Unterricht

Die SuS hatten die Wahl: Sie konnten entweder am regulären Unterricht teilnehmen oder sich für die Freiarbeit entscheiden. Acht SuS wählten die Freiarbeit. Dabei konnten sie individuell oder in Zweierteams Themen aus einer vorgegebenen Liste auswählen (siehe Screenshot), die sie besonders interessierten.

Arbeitsprozess und Methode

Die SuS arbeiteten eigenständig an ihren Projekten, recherchierten Inhalte, erstellten Ergebnispräsentationen und dokumentierten ihre Ergebnisse auf einer digitalen Plattform. In ihren EduMaps hielten sie dabei regelmäßig Protokolle fest, reflektierten ihren Arbeitsprozess und analysierten:

Zielerreichung: Was habe ich bereits geschafft?

Probleme: Wo bin ich auf Schwierigkeiten gestoßen?

Selbstreflexion: Was habe ich über meine Arbeitsweise gelernt, und wie kann ich mich verbessern?

Begleitung und Feedback

Als Lehrkraft begleitete ich diesen Prozess, kommentierte online ihre Fortschritte und stand für individuelle Rückfragen oder Reflexionsgespräche bereit. Im Austausch mit den SuS haben wir gemeinsam überlegt, wo noch Potenzial besteht, welche Herangehensweisen angepasst werden könnten und wie Probleme gelöst werden können.

Produktorientiertes Lernen

Die SuS hatten freie Wahl bei der Erstellung ihrer „Endprodukte“: von Zeitstrahl, über Tagebucheintrag bis hin zu Erklärvideos oder Insta-Posts. Dieser Spielraum bot ihnen die Möglichkeit, nicht nur ihr Wissen, sondern auch ihre methodischen und digitalen Kompetenzen auszubauen und ihre individuellen Vorlieben und Stärken einbringen zu können.

Erfahrungen und Reflexion

Der Ansatz zeigte, dass auch in einem Kurs mit geringer Grundmotivation Lernfreude und Engagement entstehen können, wenn SuS eigenverantwortlich arbeiten dürfen. Durch die regelmäßige Reflexion entwickelten sie nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern auch ein tieferes Verständnis für ihre eigenen Arbeitsweisen.

Die Kombination aus Selbstständigkeit, digitaler Dokumentation und kontinuierlichem Feedback hat mir als Lehrkraft gezeigt, dass E-Portfolios eine wertvolle Ergänzung zum klassischen Unterricht darstellen können – besonders, wenn es darum geht, Verantwortung und Eigeninitiative zu fördern.

Aktuell durfte und konnte ich leider die Klausur auch für die so genannten „Abdecker“ damit nicht ersetzen, aber die zweite „sonstige Mitarbeitsnote“ wird durch dieses E-Portfolio bei den allermeisten deutlich besser ausfallen als ihre „sonstige Mitarbeit“ im Unterricht zuvor.

Funfact

Ich habe eine Schülerin im Kurs, die ich bereits seit Klasse 5 kenne, und die nie sonderlich interessiert, motiviert und leistungsstark im Geschichtsunterricht gewesen ist. Daran hat sich auch zu Beginn dieses Schuljahres nichts geändert gehabt. Während der Zeit der Freiarbeit an ihrem E-Portfolio hat sie nun eine unfassbare Freude an dem, was sie tun durfte, entwickelt, und sogar ihre Freistunden und einige Abendstunden in die ihre Arbeit gesteckt. Ich sagte neulich zu ihr: „XY, du bist ja mittlerweile richtig motiviert, was Geschichte angeht!“ Und sie antwortete: „Ja, ich erkenne mich selbst gar nicht wieder, aber das ist so cool!“

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